Über uns: Brauerknechtsgilde zu Stade von 1604 

so lautet der offizielle Name der Brauerknechte.

 

Wer in Stade und Umgebung an einer Trauerfeier auf den hiesigen Friedhöfen teilnimmt, kennt sie …... die Schwarzen  … wie man sie im Allgemeinen nennt.

Es sind die Mitglieder der Brauerknechtsgilde, einer Sargträgergemeinschaft, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Toten auf ihrem letzten Weg würdevoll zu begleiten.

 

In ihrer altertümlichen Tracht mit Dreispitz, Bäffchen, Umhang, Kniebundhose und Schnallenschuhen führen sie die Tradition aus dem Mittelalter fort. Grundsätzlich wird der Sarg aus der Kapelle getragen, auf eine Bahre gestellt und dann auf den Schultern der Brauerknechte bis zur Grabstelle getragen.

 

Die Gilde ist eigenständig und gehört zu keinem Bestattungsinstitut. Wir arbeiten für alle Bestatter/Beerdigungsunternehmer, die uns anfordern. Dieses ist der übliche Weg.  


Historie

 Im Mittelalter grassierte in der Hansestadt Stade die Pest. Unzählige Tote waren zu beklagen. Man hatte Angst, sich beim Begraben der Leichen selbst anzustecken und damit sein eigenes Todesurteil zu erhalten. Zu dieser Zeit gab es in der Stadt Stade viele Brauereien und damit auch Brauer und Brauerknechte. Man will damals festgestellt habe, daß die Brauerknechte durch das Einatmen der Dämpfe beim Brauen und vermutlich auch durch häufigen Biergenuss gegen die Erreger der Pest immun gewesen sein sollen. Das soll dazu geführt haben, daß die Brauerknechte in Stade und Umgebung von der Obrigkeit bestimmt worden sind, die Toten zu beerdigen.


Doch was wäre Geschichte ohne eine Liebesgeschichte. Es ist die Liebesgeschichte von der reichen Patriziertochter Gertrud und dem armen Brauerknecht Peter Männken. Sie lebten in der Zeit, als die schwere Pest die Stadt heimsuchte. Täglich wurden zahlreiche Opfer dieser Seuche auf die Kirchhöfe  getragen und bestattet. Es wurden auch die Totengräber von der Krankheit befallen und nun weigerten sie sich, die Pesttoten zu bestatten. Die schreckliche Not der Stadt ging der frommen Gertrud zu Herzen. Sie bat ihres Vaters Knecht Peter Männken in der Not zu helfen. Er versammelte nun seine befreundeten Brauerknechte und trug von nun an die Toten zu Grabe. Er überlebte die Pest und durfte zum Lohn seine Gertrud heiraten. 

 

Es gab bereits im 15. Jahrhundert die „St. Gertruden-Brüderschaft“ der Brauerknechte, die das Aussätzigenspital bei der Gertrudiskapelle vor den Toren der Stadt betreute.

 

Schon damals trugen sie vermutlich die Toten zu Grabe. Das Fragment eines Rechnungsbuches von 1579 weist Einnahmen „von den Toten“ aus.

Der wertvolle „Gertrudenaltar“ aus dem 15. Jahrhundert stand ursprünglich in der Gertrudiskapelle, später wurde er in die Nikolaikirche verbracht. Nach deren Abriss im Jahre 1834 kam der Altar in die Cosmaekirche der Hansestadt Stade, wo er heute noch als Relikt aus der damaligen Zeit zu bewundern ist.

 

Das offizielle Gründungsjahr der Gilde ist 1604. Aus diesem Jahr stammt der erhalten gebliebene Zinnbecher, den ein neu aufgenommener Gildebruder -wie damals üblich- anlässlich seiner Taufe gespendet hat. Im Laufe der Jahrhunderte hat sich das Bestattungswesen vielfach geändert. Vom Grundsatz hatten die Brauerknechte nach der Pestepidemie das Privileg, die Toten zu begraben. Aber auch die verschiedenen Stände nahmen für sich das Recht in Anspruch, die Mitglieder ihres Standes zu begraben.  

Die Gerichte befassten sich schon 1754 mit einer Klage der Schiffergesellschaft, die ihrerseits die Leiche der unverheirateten Jungfer Maack zu Grabe tragen wollten. Aber die Brauerknechte setzten sich durch und haben vor Gericht das Recht zugesprochen bekommen. 

Ein weiterer Fall beschäftigte im 18. Jahrhundert die Gerichte, als die „Knochenhauer“ - heute Schlachter – eines ihrer Mitglieder nicht bestatten wollten, da er einen Hund geschlachtet hatte …... Sachen gibt es .  ….. 


Die Gegenwart 

 Anfang der 50-ziger Jahre formierten sich die Brauerknechte in Stade neu. Brauereien gab es nicht mehr, somit auch keine Brauerknechte. Die Gilde bestand damals aus selbständigen Handwerkern, die tagsüber die Beerdigungen durchführten und dann anschliessend weiter ihrer Arbeit nachgingen. Ihr Treffpunkt war die Traditionsgaststätte „Knechthausen“ in der Bungenstraße in der Hansestadt Stade.

 

Eine besondere Bedeutung hatte der Raumausstattermeister Herrmann Abbenseth. In den 50-ziger Jahren waren die Beerdigungen noch unkoordiniert. Es gab noch einige Mitglieder aus alter Zeit. Im Jahre 1958 hat Herrmann Abbenseth als junger Mann die Führung der Brauerknechtsgilde übernommen und bis zu seinem Tod im Jahre 2014 geführt. Sein Name wird immer mit der Brauerknechtsgilde verbunden sein, ebenso wie seine Ehefrau Elfriede, die heute noch alle Anmeldungen für die Gilde entgegennimmt.

Nach seinem Tod übernahm der langjährige Gildebruder Gerd Dede aus Stade die Führung, leider verstarb er schon ein Jahr später und es mußte ein erneuter Wechsel stattfinden.

Seit September 2015 wird die Brauerknechtsgilde zu Stade von 1604 von Joachim Preiß aus Himmelpforten geführt. Die Gilde besteht aktuell aus 10 aktiven Trägern, alles Männer im Ruhestand aus den verschiedensten Berufsgruppen. Sie alle haben sich zur Aufgabe gemacht, die Tradition der Brauerknechte aufrecht zu erhalten.

Die Brauerknechtsgilde ist auf allen Friedhöfen in Stade und Umgebung im Einsatz.

 

Gestorben wird immer ...


was sich im Laufe der Jahre verändert hat, ist die Bestattungskultur. Die traditionelle Sargbestattung geht immer weiter zurück, die Urnenbeisetzungen nehmen weiter zu. Es gibt sie noch, die Bestattung auf Friedhöfen, aber auch im Friedwald oder zur See. Wir haben schon Beerdigungen mit muslimischen Ritualen mitgestaltet sowie orthodoxe Prediger erlebt. In naher Zukunft wird es in Stade einen muslimischen Teil auf einem Friedhof geben. Wer weiß, was die Zukunft noch alles bringt; wie zukünftig die Verstorbenen beerdigt werden.

 

Doch eines sollte nie sterben,

 

das ist die Tradition der Brauerknechtsgilde zu Stade von 1604